Der Duft frischgemahlener Kaffeebohnen, das Zischen der Kaffeemaschine und das feine Aroma, das durch die Wohnung strömt – wer kennt nicht diesen Moment der Vorfreude auf eine Tasse leckeren, warmen, vollmundigen Kaffee?
Doch ist es wirklich nur der Geschmack, der uns an Kaffee fasziniert oder viel mehr das Gefühl, das er in uns auslöst, nach dem ersten Schluck, dem zweiten Schluck und wie wir endlich wieder in unsere Energie zurückkommen, wacher werden, positiver, wir spüren wieder Tatendrang und Motivation – genau das, nachdem wir uns als Hashimoto-Betroffener so sehr sehnen?
In diesem Artikel erfährst du, was sich im Körper genau verändert, wenn wir dieses energiegeladene Gefühl spüren. Wir gehen der Frage nach, ob dieses Gefühl auch ohne Kaffee möglich ist, welchen positiven und negativen Einfluss Kaffeekonsum bei Hashimoto und Schilddrüsenunterfunktion haben kann und wie du den negativen Einfluss verringern kannst. Du erfährst, ob es Vorteile bringt, Kaffee durch Tee zu ersetzen und welchen Einfluss Koffein auf deine Schilddrüsentabletten wie L-Thyroxin haben kann.
Was passiert in den Zellen, wenn wir müde sind?
Die Aufgabe unserer Zellen, genauer gesagt den Mitochondrien (kleine Kraftwerke in den Zellen), ist es, Nahrung in Energie zu verwandeln. So wie Pflanzen Kohlenstoffdioxid (CO2) in Sauerstoff umwandeln, so wandelt eine gesunde menschliche Zelle Glukose (Zucker) in Energie und CO2 um:
Die Energie wird auch ATP (Adenosintriphosphat) genannt und ist die Energie, die uns wach macht. Läuft die Oxidation in unseren Zellen auf Hochtouren, dann entsteht viel Wärme, uns ist warm, wir haben warme Hände und Füße den ganzen Tag über, wir sind wach, fit und können uns super konzentrieren.
Wenn diese Energiegewinnung gestört ist oder nur langsam abläuft, dann fühlen wir uns matt, müde, energielos und traurig, uns ist oft kalt (es sei denn wir haben hormonelle Hitzewallungen) und unser Stoffwechsel läuft generell langsam, unser Körper verbrennt kaum Kalorien.
Neben vielen Nährstoffen spielt die Schilddrüse eine zentrale Rolle in dieser Energiegewinnung. Das Schilddrüsenhormon T3 hat einen direkten Einfluss auf unsere Mitochondrien und kann den Energieumsatz steigern.¹ ² ³
Ist der Schilddrüsenhormonstoffwechsel in Balance (Produktion, Umwandlung und Transport der Schilddrüsenhormone), dann fühlen wir uns voller Energie, haben einen schnellen Stoffwechsel (hohen Grundumsatz) und uns ist angenehm warm.
Kaffee – Die Rettung gegen Müdigkeit bei Schilddrüsenunterfunktion und Hashimoto?
Da viele Hashimoto- und Unterfunktion-Betroffene durch die alleinige Einnahme von L-Thyroxin keine große Besserung der Symptome wie Müdigkeit, Antriebslosigkeit etc. spüren, ist der Griff zu Kaffee oder koffeinhaltigem Tee die logische Konsequenz.
In einer Leistungsgesellschaft wie unserer haben wir das Gefühl jeden Tag 100 % geben zu müssen: Die To do-Liste im Homeoffice wird immer länger, Kinder oder Partner brauchen rund um die Uhr Aufmerksamkeit und dann noch regelmäßig Sport treiben oder Kalorien tracken, um nicht noch mehr zuzunehmen. Ich kann selbst ein Lied davon singen.
Platz für Müdigkeit ist hier keiner. Wir haben das Gefühl „funktionieren zu müssen“ und da ist Kaffee nun mal unser Retter in der Not.
Und studienerwiesenermaßen geht das auch super. Koffein stimuliert unser Nervensystem, hält uns wach und steigert die Konzentration.⁴
Kann Kaffee einen negativen Einfluss auf unsere Hormone haben und gibt es eine Kaffeeunverträglichkeit bei Hashimoto?
Ja, wird Koffein falsch eingenommen (mehr dazu unten), so kann sich falscher Kaffeekonsum negativ auf unsere Hormone auswirken, was besonders bei Schilddrüsenunterfunktion und Hashimoto ins Gewicht fällt.
Falscher Kaffeekonsum kann einige Nachteile haben. Der negative Einfluss bei ungesundem Konsum von Koffein zeigt sich dann in:
- Vermehrte Ausschüttung von Cortisol (Stresshormon der Nebenniere)⁵
- Blutzuckerschwankungen⁶ ⁷
- Verlust eines gesunden Gefühls zu Müdigkeit / Wachheit
All diese Faktoren können sich auch wieder negativ auf unsere Schilddrüsengesundheit auswirken.
Manche Hashimoto-Betroffene oder Schilddrüsenpatienten generell merken die Kaffeeunverträglichkeit auch ganz genau an ihrem Körperfeedback. Sie werden zittrig, haben Herzrasen und fühlen sich unruhig nach dem Konsum von Kaffee.
Welchen Einfluss hat Kaffee auf die Einnahme von Schilddrüsentabletten (L-Thyroxin)?
Zu den meist verschriebensten Schilddrüsentabletten bei Schilddrüsenunterfunktion und Hashimoto zählt L-Thyroxin. Diese werden in der Regel morgens auf nüchternen Magen eine 1/2 Stunde vor dem Frühstück eingenommen.
Kann Kaffee einen Einfluss auf die Aufnahme der künstlichen Schilddrüsenhormone aus L-Thyroxin haben? Ganz klar ja! In mehreren Studien hat man festgestellt, dass Kaffee die Aufnahme des Hormons T4 (Thyroxin) aus dem Schilddrüsenmedikament hemmen kann.⁸ ⁹ Dabei hat Kaffee die Aufnahme des Hormons T4 um 40 Minuten verzögert und die Bioverfügbarkeit um 32 % verringert.
Wenn du also aktuell noch L-Thyroxin nimmst, dann empfiehlt sich dieses immer mit Wasser statt Kaffee einzunehmen und mindestens 30 Minuten bis zum ersten Kaffee-Konsum zu warten bzw. bis nach dem Frühstück (mehr dazu unten).
Darf ich Kaffee trinken vor der Blutabnahme zur Kontrolle der Schilddrüsenwerte?
Wer Schilddrüsenmedikamente wie L-Thyroxin einnimmt, sollte regelmäßig zur Kontrolle der Schilddrüsenwerte zur Blutentnahme zum Arzt gehen. Wenn neben TSH auch freie Schilddrüsenwerte wie fT4 und fT3 gemessen werden, dann kann es sinnvoll sein (nach Absprache mit deinem Arzt) die Schilddrüsentablette am Morgen vor der Blutabnahme nicht einzunehmen.¹⁰
Und was ist mit Frühstück und Kaffee am Morgen vor der Blutabnahme der Schilddrüsenwerte?
Wenn du deine Schilddrüsenwerte vom Arzt kontrollieren lässt, brauchst du nicht nüchtern zu sein. Du kannst ganz normal frühstücken und auch deinen Kaffee wie sonst trinken.
Vorteile von gesundem Kaffeekonsum für deine Schilddrüse – 3 Tipps für mehr Energie
Kann deine Schilddrüse auch profitieren von Kaffee oder grünem Tee? Absolut! Es gibt viele spannende Forschungen, dass Kaffee sich positiv auswirkt auf:
- Überschüssiges Östrogen¹¹ ¹²(Östrogendominanz)
- Insulinsensitivität¹³
- Lebergesundheit¹⁴ ¹⁵ ¹⁶
Diese Faktoren können wiederum einen positiven Einfluss auf deinen Schilddrüsenhormonstoffwechsel haben (Bildung der Schilddrüsenhormone, Umwandlung der Hormone in der Leber und Transport zu den Zellen).
Deshalb findest du hier 3 einfache und sehr wirkungsvolle Tipps für einen schilddrüsenfreundlichen Konsum von Kaffee, den ich auch gerne meinen Coaching-Klientinnen mit an die Hand gebe.
3 Tipps für die richtige Anwendung von Kaffee & mehr Energie:
- Trinke deinen Kaffee nie auf nüchternen Magen sondern immer nach einer Mahlzeit (z.B. nach dem Frühstück, dem Mittagessen, dem Stück Kuchen)
- Kombiniere deinen Kaffee immer mit Kohlenhydraten, Eiweiß und/oder Fett (Milch, Zucker/Honig, Kollagen, MCT-Öl und/oder einem Eigelb)
- Trinke deinen Kaffee in der ersten Tageshälfte und nicht nach 16 Uhr
Diese simplen Tipps helfen dir dabei, dass die negativen Aspekte von Kaffee (Blutzuckerschwankungen, Ausschüttung von Stresshormonen, Störung des Schlaf-Wach-Rhythmuses) abgemildert werden und er sich sogar positiv auf deine Schilddrüsengesundheit auswirken kann.
Ist grüner / schwarzer Tee die bessere Alternative bei Hashimoto?
Neben Kaffee gibt es natürlich noch mehr Lebensmittel oder Getränke mit koffeinähnlicher Wirkung:
- Kakao / Schokolade
- Grüner Tee
- Schwarzer Tee
- Energydrinks
- Cola
- …
Der aufputschende Wirkstoff in Kakao nennt sich „Theobromin“ und in grünem und schwarzem Tee ist es das „Teein“. Dadurch, dass das Koffein bzw. Teein in Tee an Gerbstoffe gebunden ist, entfaltet sich die Wirkung langsamer, ist weniger stark als bei Kaffee, dafür länger anhaltend.
Diese mildere Form des „Aufputschen“ ist für viele Menschen angenehmer. Ich empfehle hier aber auch wie bei Kaffee, den Tee nie pur und auf nüchternen Magen zu trinken.
Ist Tee besser für den Hormonstoffwechsel? Nicht unbedingt, zumindest, was die Wirkung auf den „Schilddrüsenfeind“ Östrogen angeht. Hier hat man nämlich in Studien festgestellt, dass die Polyphenole in grünem Tee die Entgiftung von überschüssigem Östrogen hemmen können.¹⁷
Meine Erfahrung mit Hashimoto / Unterfunktion und Kaffee
Ich selbst handle nach dem Motto „Kaffee trinken ist nicht schlimm – Kaffee brauchen schon“.
Als ich noch unter meiner Hashimoto-Erkrankung litt, gab es für mich keinen Tag ohne Kaffee, ich konnte ohne Kaffee morgens kein Auge aufbekommen und hatte nachmittags keine Chance mich zu konzentrieren ohne das Nachmittagstief (mehr dazu unter folgendem Artikel) mit Koffein zu unterdrücken. Ich habe aber auch immer den Fehler gemacht, meinen Kaffee stets schwarz (bloß kein Zucker und keine Kalorien aus der Milch) und manchmal sogar auf nüchternen Magen zu trinken.
Seit ich meine Schilddrüse geheilt habe, spüre ich wieder diese „innere Energie“, sodass ich gar kein Verlangen mehr nach der Zufuhr von „Energie von außen“ in Form von Koffein spüre und habe schon lange keinen Kaffee mehr getrunken. Ob ich irgendwann wieder Kaffee trinke? Vielleicht – dann aber nur unter Anwendung der 3 Tipps oben 😉
Du willst auch endlich wieder in deine alte Energie zurück kommen? Du willst Kaffee nicht mehr brauchen, sondern ihn wenn nur noch genießen? Du willst deine Schilddrüsenhormone auf natürliche Weise durch die Wahl schilddrüsenfreundlicher Lebensmittel, Lichttherapie und Alltagsmanagment wieder in Balance bringen und nicht mehr nur „gut eingestellt sein“? Dann bewirb dich jetzt auf einen Platz in meinem Schilddrüsen-Coaching.
Verwendete Studien:
¹ Lanni, A. et al. (2016): Mitochondrial Actions of Thyroid Hormone. Comprehensive Physiology, 6(4), pp: 1591-1607.
² Ventura-Clapier, R. et al. (2008): Transcriptional control of mitochondrial biogenesis: the central role of PGC-1alpha. Cardiovascular research, 79(2), pp: 208-17.
³ Schaaf, L. (2017): Glukosestoffwechsel unter Hormoneinfluss. MMW – Fortschritte der Medizin, Ausgabe 6/2017.
⁴ Cappelletti, S. et al. (2015): Caffeine: cognitive and physical performance enhancer or psychoactive drug?. Current neuropharmacology, 13(1), pp: 71-88.
⁵ Lovallo, W. R. et al. (2005): Caffeine stimulation of cortisol secretion across the waking hours in relation to caffeine intake levels. Psychosomatic medicine, 67(5), pp: 734-9.
⁶ Lane, J. D. et al. (2008): Caffeine increases ambulatory glucose and postprandial responses in coffee drinkers with type 2 diabetes. Diabetes care, 31(2), pp: 221-2.
⁷ Dias, P. D. et al. (2020): The longitudinal association of changes in diurnal cortisol features with fasting glucose: MESA. Psychoneuroendocrinology, 119.
⁸ Skelin, M. et al. (2017): Factors Affecting Gastrointestinal Absorption of Levothyroxine: A Review. Clinical therapeutics, 39(2), pp: 378-403.
⁹ Benvenga, S. et al. (2008): Altered intestinal absorption of L-thyroxine caused by coffee. Thyroid : official journal of the American Thyroid Association, 18(3), pp: 293-301.
¹⁰ Rausch, R. (2019): L-Thyroxin: Am Morgen vor der Blutentnahme pausieren?. Deutsche Apotheker Zeitung (abgerufen am 29.04.2021)
¹¹ Kotsopoulos, J. et al. (2009): Relationship between caffeine intake and plasma sex hormone concentrations in premenopausal and postmenopausal women. Cancer, 115(12), pp: 2765-74.
¹² Rosendahl, A. H. et al. (2015): Caffeine and Caffeic Acid Inhibit Growth and Modify Estrogen Receptor and Insulin-like Growth Factor I Receptor Levels in Human Breast Cancer. Clinical cancer research : an official journal of the American Association for Cancer Research, 21(8), pp: 1877-87.
¹³ Conde, S. V. et al. (2012): Chronic caffeine intake decreases circulating catecholamines and prevents diet-induced insulin resistance and hypertension in rats. The British journal of nutrition, 107(1), pp: 86-95.
¹⁴ Nakanishi, N. et al. (2000): Effects of coffee consumption against the development of liver dysfunction: a 4-year follow-up study of middle-aged Japanese male office workers. Industrial health, 38(1), pp: 99-102.
¹⁵ Catalano, D. et al. (2010): Protective role of coffee in non-alcoholic fatty liver disease (NAFLD). Digestive diseases and sciences, 55(11), pp: 3200-6.
¹⁶ Molloy, J. W. et al. (2012): Association of coffee and caffeine consumption with fatty liver disease, nonalcoholic steatohepatitis, and degree of hepatic fibrosis. Hepatology (Baltimore, Md.), 55(2), pp: 429-36.
¹⁷ Zhu, B. T. et al. (1998): Effects of tea polyphenols and flavonoids on liver microsomal glucuronidation of estradiol and estrone. The Journal of steroid biochemistry and molecular biology, 64(3-4), pp: 207-15.